Montag, 21. Mai 2012

Das Leben danach...


 3 Monate sind mittlerweile vergangen seit meiner Rückkehr. Unglaublich, dass es schon wieder so lang her ist. Ich bin wieder ein-europäisiert, rückgekoppelt, zurückgeholt in die westliche Realität. Zwischen Leistungsdruck und Reiselust versuche ich das Leben wieder in die Bahnen zu bringen. Es gelingt. Und das nicht gerade schlecht. Doch es fehlt: Die Ferne! Der Abstand! Das Neue! Die Sonne! Alltag wie alle Tage. Rastlosigkeit, der Wille nach ständiger Herausforderung. Irgendwie ist ein Teil von mir noch immer auf dem südostasiatischen Teil der Welt. Auch alles jammern wird mich vorerst nicht wieder zurückbringen. Frühster Termin zur „Heimkehr“ ist November 2012. Daher bleibt mir hier nichts anderes als die ein oder andere Erfahrung und Reise nochmal ein wenig genauer zu betrachten. Jetzt wo ich den Abstand habe (oder auch eben nicht) zumindest den geografischen. Eigentlich Denkanstoß für diesen nachgeschobenen Blog ist mein Geburtstagsgeschenk von Vicky. Ja genau, mein Reisebegleitung durch Vietnam und mittlerweile eine meiner liebsten Wahlwienerinnen.
Das Buch „Gebrauchsanweisung für Vietnam, Laos und Kambodscha“ hat mir ein wenig Mut gemacht zurückzublicken, denn dieses Werk sollte eigentlich Rückblick und Weitblick zugleich sein. Ein Geschenk was man sich von Herzen wünscht. 

Benjamin Prüfer beschreibt darin seine Leben als Reisender und sein Leben als Fremder in seiner neuen Heimat Kambodscha. Für jemanden der diese Reise erst antritt ist dieses Buch stellenweise eher abschreckend. Für mich ist es die Bestätigung dessen was ich erlebt habe und worüber ich von Herzen lachen kann. 

Er schreibt über Busreisen…
…ja Busreisen gab es einige. Die malaiischen eher luxuriös, die thailändischen durchschnittlich und die vietnamesischen eher grauenhaft. Die luxuriösen malaiischen erinnern mich an die Fahrt von Penang nach Kuala Lumpur kurz vor Weihnachten. Das wohl witzigste war hier der Erste Hilfe Kasten mit Glasreiniger und Kopfkissen. Dann gab es da aber auch noch die eisigen malaiischen mit Bine auf Borneo. Die Geschichte vom Erfrieren im Bus bei 10 Grad und einer Außentemperatur von 25. Mittlerweile weiß ich, dass je kälter desto reicher eine Grundeinstellung ist. Damals hab ich mir gewünscht ich würde einfach einschlafen. Stattdessen hab ich versucht meine Füße warm zu halten. Und das mit den komischsten Methoden. Handtuch drauf (ist jetzt noch nicht so komisch), Rucksack ausräumen und Füße reinstellen, Regenschirm aufspannen und sich drunter verkriechen. Und nein, es hat alles nichts gebracht. Was haben wir draus gelernt? Kuschel dich an deine Reisbegleitung und hoffe auf den ein oder anderen Stopp in kürzeren Abständen. Die durchschnittlichen Thai- Busfahrten sind in diesem Kontext nicht weiter erwähnenswert. Weiter nach Vietnam und den ewigen Fahrten über Stock und Stein sowie unzählige Schlagelöcher im Schlafbus. Es war von Hanoi nach Hoi An wo ich mit vietnamesischer Popmusik beschallt wurde. Es heißt ja eigentlich Lautsprecher und nicht Schreisprecher… Dann die sich übergebenden Frauen im Bus, die sich anscheißenden Kinder und die am Boden schlafenden aufgesammelten. Wozu sollte man gleich nochmal die Schuhe ausziehen? Heute kann ich über all diese Dinge lachen. Damals war ich einfach noch zu Deutsch um asiatisch zu sein! Bevor ich es vergesse: immer vermeiden mit Mini- oder Kleinbussen zu fahren. Ich spreche hier von den Erfahrungen „Perhentian Islands“

Weiter schreibt er über Religion…
 …sie hat mich überall verfolgt. In Malaysia war es glaube ich am auffälligsten. Keine der ethnischen Gruppen hat mich jemals in irgendeiner Weise negativ überrascht. Eine Gruppe wird jedoch immer in meinem Herzen bleiben: „Jeder sollte einen Inder haben!“ Ach ja und dann die lustige Situation an meinem letzten Tag in Penang. Supermarkt in der 1st Evenue: Claire, ihr Schweizer Mitbewohner und ich beim Einkaufen. Beide hatten solchen Hunger auf Schweinefleisch, dass sie sich in der Tidak- Hallal- Abteilung (also nicht Allah konforme Lebensmittelabteilung)damit eindeckten zur Kasse stürmten und einem kopftuchbedeckten Gesicht entgegen blickten welches voll grausen das Paket am Zipfel der Verpackung anfasste, es über den Scanner zog und es fast schon wegschmiss vor ekel. Was hat der Schweizer Herr draus gelernt? Niemals bei einer Frau mit Burka oder Kopftuch an der Kasse, Schweinefleisch zahlen wollen. 

Ben schreibt über heuchlerische Einheimische…
…auch mit denen hatte ich mein Vergnügen. Komischer Weise überwiegend in Vietnam. Die Frau mit dem Obstkorb die alles dafür tat um uns ein schönes Foto zu bescheren und uns dann mit 5 US$ pro Stück, Ananas andrehen wollte. Der Taxifahrer der mit Meter fuhr, was im Sekundentakt lief. Wären wir wirklich in der Zeit das gefahren was da auf der Uhr stand hätten wir locker nur einen Tag nach Hause gebracht mit dem speed- Mobil was er da angeblich hatte. Dann muss man sich noch beschimpfen lassen. Was habe ich gelernt? Sei zu Recht misstrauisch, wenn jemand 5-mal betont er wolle kein Geld oder nicht mehr als üblich.

Prüfer schreibt auch über Armut…
…von der es leider viel gibt. Interessant daran ist jedoch, dass die Menschen mit dem was sie haben oftmals sehr glücklich sind. Sie kennen es nicht anders. Für sie ist das größte Glück der Erde ihre Familie (oftmals). Was ich mitgenommen habe? Genieße dein Leben und freu dich über die kleinen Dinge. Nichts ist so wertvoll wie die Zeit die du damit verbringst glücklich zu sein mit dem was du bist und was du hast.
Auch ein sehr leidiges Thema lässt Herr Prüfer nicht aus, die Backpacker…
…die, die immer durch die Gegend streunen und die Welt erobern wollen. Komischer Weise kommen sie über Umwege alle zum selben Strand, Aussichtspunkt, Palast, Pagode oder Sehenswürdigkeit. Diese Menschen die der Meinung sind sie entdecken ein Land. Leute, das Ding ist rum! Lonely Planet und Marco Polo waren vor euch da, habens aufgeschrieben und ihr meint ihr könnt was anderes entdecken? Tut nicht so als wärt ihr was Besonderes. So ziemlich jeder den ihr unterwegs trefft hat ähnliches gemacht. Hört auf so hochnäsig durch die Gegend zu laufen und euch plakativ Lonely Planet als eure Religion an die Fußsohlen zu kleben. Natürlich sind das die schönsten Fleckchen eine Landes, nur haben und werden sie noch hunderte und tausende andere Menschen sehen. Was lernen wir daraus? Backpacken ist spaßig. Das Budget muss stimmen, dann geht einiges mehr als LP und andere Reiseführer vorschlagen. Ohne Plan backpacken ist Blödsinn. Wobei Reisen und backpacken ja schon dramatisch unterschiedlich sind. Aber diese Definitionssache möchte ich hier nicht ausdiskutieren. 

Weiter geht’s beim Benjamin mit Booten…
 … und auch mit denen haben wir unsere Erfahrungen gemacht. Bine eher schlecht als gute aber alles in allem waren die Fahrten gut bis mittelmäßig. Ob Malaysia itself oder eben Borneo, Bali, Lombok, Gili Islands, Hong Kong oder Mekong Delta. Es war alles erträglich. Trotzdem haben wir was gelernt. Und zwar: 1. Verstaue dein Gepäck niemals an Deck. 2. Versuche immer einen Sitzplatz draußen zu bekommen (sonst musst du erfrieren) und 3. Ignoriere Umweltverschmutzer, denn sie werden wegen dir nicht aufhören Cola Dosen und Plastiktüten in Flüsse und Meere zu werfen.

Dann ist da noch die Regenzeit,…
… die ich ausgiebig mitgemacht hab. Es regnet den ganzen Tag und es ist kalt. So ein Blödsinn. Es regnet maximal 2 Stunden am Stück und es kühl einfach nicht ab. Im Pool planschen bei Monsunregen ist einfach toll. Mit der mitteleuropäischen Version von Regen hat das alles wenig zu tun. Von wegen Nieselregen. Eimerweise kommt´s da runter. Leider muss man das ganze auch Eimerweise wieder aus der Wohnung schöpfen, da die baumeisterlichen Ausprägungen der asiatischen Immobilien eher dem Prinzip „Holzhütte“ entsprechen. Wie hat Mama Wendy so schön gesagt? „Ihr müsst Handtücher unter die Fenster legen, dann geht das schon!“ Dieses Erlebnis hätte ich mir jedoch gern geschenkt. Frisch gelandet aus Singapur und fertig von all den Erlebnissen standen wir am Fenster und bewunderten in unseren nord- mitteldeutsch- österreichischen WG den Regen. Nachdem im Nachbarviertel ein Blitz eingeschlagen hatte entschlossen wir uns genauso schnell ins Bett zu gehen. Kaum die Augen zugemacht plätscherte es. Ich stand auf und schon stand ich im Wasser. Juhu, Innenpool im 15. Stock. Bine und Henrik aufgeweckt und losgeputzt. Morgens um 5 waren wir dann fertig. Ergebnis: Wir wissen nun wozu ein Abfluss im Wandschrank gut ist, dass man 5 große Eimer Regenwasser mit dem Handtuch aufsaugen kann und dass die Lösung des Problems einfach wie simpel Löcher in den Schienen des Schiebefensters sind. Ein hoch auf den malaiischen Handwerker, der uns vor einer weiteren Überflutung gebohrt ähm gerettet hat (mit Anleitung).

Es gibt eben einige Dinge und noch viele mehr zu erzählen. Im Ende weiß ich, dass mich Südost- Asien wieder sehen wird. Und das so ziemlich genau um den 15.11.2012. Schon jetzt freue ich mich auf eine unvergessliche Reise zu Jith unserer Inderin, die uns zur Hochzeit eingeladen hat. Bis dahin werde ich wohl wie jetzt auch jeden Tag immer einmal an die vergangene Zeit denken. Nicht, dass ihr jetzt denkt ich bin bekloppt oder so. Ich mag diese Länder, weil sie einfach sind wie sie sind. Ich werde nichts Neues entdecken aber ich werde es für mich entdecken.
Und für alle die, die diesen Blog gelesen oder Bilder angeschaut haben: Ich habe versucht euch Länder näher zu bringen, Gefühle zu zeigen und einen Eindruck von dem zu vermitteln was ich dort gesehen und erlebt habe. Wirklich erklären kann man das alles nicht. Es ist anders und auch ganz anders als die meisten sich das vorstellen.
So sitze ich hier an meinem Fenster in Wien mit Blick auf den Innenhof, schreibe diese Zeilen und denke an die vergangene Zeit die mir schon so lang vergangen vorkommt. Doch die Sterne die hier funkeln sind die gleichen und das ist es was mich wohl immer mit dieser Zeit verbinden wird, so wie sie mich in meiner Abwesenheit mit meinen Lieben zu Hause verbunden haben.
Und jede neue Reise hält wieder und wieder eine Erfahrung bereit. Und ist sie noch so klein. Ob München, Fulda, Wien, Hannover oder Kopenhagen: es hat alles seinen Reiz.

„Das Leben ist ein Buch, und wer nicht reist, liest nur wenig davon“
Jean Paul (1763- 1825)

Wie das Leben zu Hause so ist? Anders! Aber genau so wie ich es mir vorgestellte habe. Es ist als wäre man nie weg gewesen...